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Das ACE Modell.

Facts zum Prozessmanagement von Prof. Dr. Andreas Aulinger.

Posted by Rebekka Fusseder -

An der Steinbeis-SMI erhaltet ihr topaktuelles Fachwissen und Hintergrundinformationen von hochkarätigen Dozenten aus Wissenschaft und Wirtschaft.
In der Reihe „Inside Steinbeis-SMI“ stellen wir unsere Dozenten vor und geben exemplarisch Einblick in ihr Fachgebiet.
Erfahre in diesem Beitrag die wichtigsten Key Facts über das ACE-Modell, das dem Faktor „Mitarbeiter-Motivation“ eine zentrale Bedeutung in der Organisationslehre beimißt.

Dieser Blogbeitrag entstand im Gespräch mit Prof. Dr. Andreas Aulinger, Dozent an der Steinbeis-Hochschule Berlin für Organisation und Dekan der Fakultät Business & Economics. Er ist außerdem Direktor des mit der Steinbeis-SMI kooperierenden Instituts IOM, Institut für Organisation und Management Berlin.

Das ACE-Modell: Motivation kann (und muß) man organisieren

Das Organisationsmanagement wird üblicherweise als Zusammenspiel einer Aufbau- und einer Ablauforganisation verstanden. Die Aufbauorganisation bestimmt dabei die Verteilung der fachlichen Arbeit auf die Mitglieder eines Unternehmens. Außerdem wird hier definiert, wer Personalentscheidungen trifft und wer wem Anweisungen geben darf. Größere Unternehmen dokumentieren ihre Aufbauorganisation zum Beispiel in Stellenbeschreibungen, in Kompetenzrahmen und in Organigrammen. Wenn nun jedoch jedes Mitglied seine Aufgaben ohne Rückkopplung mit den anderen Mitgliedern erledigen würde, entstünde keine echte Wertschöpfung. Erst wenn die einzelnen Aufgaben der vielen Mitglieder eines Unternehmens sinnvoll verbunden und untereinander rückgekoppelt werden, kann Wertschöpfung entstehen. Diese Verbindungen von einzelnen Aufgaben nennt man Abläufe oder Prozesse. Sie werden in Form von Prozessdiagrammen oder Flowcharts dokumentiert.

Unserer Überzeugung nach greifen diese zwei klassischen Organisationsaufgaben jedoch zu kurz, um ein Unternehmen erfolgreich zu organisieren. Wir wollen in diesem Blog daher auf ein Manko der klassischen Zweiteilung in Aufbau- und Ablauforganisation hinweisen: Es ist die Tatsache, dass auch die besten organisatorischen Strukturen und Prozesse nicht zum erfolgreichen Arbeiten führen, wenn man nicht versteht, dass der Erfolg einer Organisation von motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abhängt.

Das von uns entwickelte ACE-Modell (Assign, Combine, Energize) (Fußnote1) fügt der oben beschriebenen klassischen Zweiteilung daher eine dritte Ebene hinzu. Diese dritte Ebene definiert die Aufgabe, für anhaltende Motivation der Mitarbeiter zu sorgen, als eigenständiges und gleichbedeutendes Aufgabengebiet einer Organisation. Somit besteht das ACE-Modell aus diesen drei Bereichen:

A wie Assign – Aufgaben beschreiben und zuweisen

Jeder Stelle in einer Organisation werden bestimmte Aufgaben zugewiesen. Mehrere Stellen können zu Teams, Abteilungen oder Gruppen zusammengefasst werden. Außerdem werden bestimmte Stellen damit beauftragt, andere Stellen zu lenken und zu leiten (Führungsstellen). Abteilungen können zu Hauptabteilungen oder Bereichen gebündelt werden, welche wiederum durch eine Geschäftsführung oder einen Vorstand geleitet werden. „Assign“ (zuordnen) meint somit zum einen die klassische Aufbauorganisation in einem Unternehmen mit den auf Dauer angelegten Aufgaben. Hinzu kommt beim „Assign“ die Verteilung der befristeten oder spontan zu erledigenden Tätigkeiten (etwa in Projekten oder Arbeitskreisen). Diese können in dynamischen Unternehmen einen großen Teil der zu erledigenden Aufgaben ausmachen.

C wie Combine – Aufgaben kombinieren und Abläufe festlegen

Aus den Aufgaben, die man Mitarbeitern oder Teams (bzw. Gruppen oder Abteilungen) zugewiesen hat, entsteht alleine aber noch keine Wertschöpfung. Wertschöpfung entsteht erst im Zusammenspiel aller Teilaufgaben. Die Teilaufgaben müssen in einer Organisation in eine sinnvolle Abfolge, also in Abläufe oder – gleichbedeutend – in Prozesse überführt werden. Die Prozesse können immer wiederkehrende, identische Handlungsabläufe (z.B. der Bestelleingang in einem Onlineshop) sein oder nur im Ausnahmefall auftretende Ereignisse (z.B. der Notfallplan für einen Stromausfall). Das moderne Prozessmanagement geht zudem einen großen Schritt über die bloße Definition der Abläufe hinaus. Es überprüft und optimiert diese Abläufe und Prozesse in einem permanenten Verfahren. Modernes Prozessmanagement ist daher verzahnt mit der Idee des KPV, also des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.

Die Praxis zeigt allerdings, dass das Prozessmanagement in vielen Unternehmen nicht über die Dokumentation von Prozessen hinausgeht. Die reizvolle Idee eines stetigen Mitdenkens durch die Mitwirkenden an Prozessen und einer daraus entstehenden kontinuierlichen Prozessverbesserung bleibt in der Realität vieler Unternehmen oft hinter den Erwartungen zurück. Auch aus diesem Grund halten wir es für unverzichtbar, die Herausforderung des „Energize“ als eigenständige Organisationsaufgabe zu betrachten.

E wie Energize – die Energien im Unternehmen zielführend einsetzen

Mit „Energize“ geht es um die Ausrichtung der Kräfte in einer Organisation, und zwar in zweierlei Hinsicht: zum einen müssen alle Mitglieder die Ziele und Visionen eines Unternehmens kennen und nachvollziehen. Entscheidend dabei ist, dass jeder einzelne die Bedeutung seiner eigenen Stelle erkennt („Was kann ich tun, damit wir die Ziele erreichen?“). Zum anderen geht es um die Motivation, sich als Mitglied eines Unternehmens engagiert am Erreichen der Unternehmensziele zu beteiligen. Unsere Definition von Motivation macht diese beiden Aspekte des „Energize“ deutlich: Motivation ist die Bereitschaft, Energie in eine bestimmte Richtung aufzubringen.

„Energize“ ist somit nicht als finales „Sahnehäubchen“ von Aufbau- und Ablauforganisation zu sehen. Die Aspekte, die für das „Energize“ eine Rolle spielen, müssen bereits berücksichtigt werden, wenn es um „Assign“ und „Combine“ geht.

Die Erkenntnis, dass die Schaffung (oder besser: Erhaltung) von Motivation eine große Herausforderung in jedem Unternehmen darstellt, ist alles andere als neu. Dennoch verbringen nach wie vor in vielen Unternehmen viele Menschen viel Zeit, ohne sich für die Erreichung der Unternehmensziele zu engagieren. Umso wichtiger ist es daher, das Ermöglichen und den Erhalt von Motivation nicht abstrakt als Führungsaufgabe, sondern ganz konkret als Organisationsaufgabe zu verstehen.

Wie aber wird Motivation „organisiert“?

In der Managementlehre wie auch in der Psychologie gibt es zahlreiche Modelle, die die menschlichen Bedürfnissen als Quelle jeder Motivation kategorisieren (Fußnote2). Gemeinsam ist diesen Modellen, dass sie jeweils nur ganz wenige, elementare menschliche Grundbedürfnisse definieren. Sie stellen den Ausgangspunkt für menschliche Motivation dar. Am bekanntesten ist dabei sicher das Modell von Abraham Maslow, der fünf solcher Bedürfnisse definiert hat: physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe, Bedürfnis nach Achtung, Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (Fußnote3).

Die Anreize, die eine Organisation ihren Mitgliedern anbietet, dienen idealerweise dazu, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Anreize können materieller Natur sein (z.B. fixe und variable Vergütungen, Sozialleistungen, Sachleistungen, Jobgarantie) und immaterieller Natur (z.B. wertschätzendes Arbeitsumfeld, Weiterentwicklung, Stolz empfinden können, flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte). Da viele Menschen mit ihrer Arbeit gerne mehrere oder gar alle ihre Grundbedürfnisse befriedigen wollen, können oft alleine die materiellen Anreize die Motivation nicht auf Dauer aufrecht erhalten. Viele Jobs werden zwar zunächst wegen der materiellen Anreize angenommen. Wenn „on the job“ aber keine weiteren Anreize dazukommen, ist das längerfristig oft zu wenig, um motiviert zu bleiben. Anhaltende Motivation verlangt dann auch ein wertschätzendes Arbeitsumfeld, die Möglichkeit zur Weiterentwicklung und den Stolz auf das, was man selbst im Unternehmen oder was man als Unternehmen macht.

Aus Sicht der Organisation stellt sich die Frage, welche Anreize geboten werden sollen und geboten werden können, um Motivation dauerhaft zu erhalten, aber auch wer dafür zuständig ist, diese Anreize anzubieten. Werden diese Anreize aus dem situativen Verhalten einzelner Mitglieder gegeben oder wird ein „System“ (z.B. ein Zielsystem, ein Feedbacksystem, ein Anerkennungssystem) entwickelt, das für alle Mitglieder gilt? Diese Systeme können so gestaltet sein, dass sie Motivation für das Mit-Denken und Mit-Arbeiten auslösen. Sie sind aber anspruchsvoll in ihrer Umsetzung und können bei unsachgemäßem Einsatz nicht nur wirkungslos bleiben, sondern das Gegenteil von Motivation, nämlich Rückzug bis hin zu Aversion erzeugen.

Mit dem Ziel, die Motivation und Kreativität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu steigern, haben insbesondere IT- und Internetunternehmen weitere immaterielle Anreize entwickelt, die nun auch von anderen Branchen übernommen werden. Hierzu gehören beispielsweise kostenlose Fitnessangebote, moderne Büroeinrichtungen (z.B. Kreativräume, Themenräume), oder aufwändig gestaltete Caféterien mit oft kostenlos angebotener Verpflegung. Aber auch solche Anreize können fehlende Wertschätzung, fehlenden Stolz und fehlende Weiterentwicklung nicht kompensieren.

Lessons learned:

Das ACE-Modell unterscheidet die Bereiche „Assign“, „Combine“ und „Energize“. „Assign“ basiert auf dem, was man als klassische Aufbauorganisation kennt. Unser Ansatz umfasst aber auch die dynamischen und befristeten Formen der Arbeitsteilung. „Combine“ ähnelt der bekannten Definition von Ablauforganisation, beinhaltet aber auch allen anderen Arten von „Wenn-dann-Regeln“.

„Energize“ schließlich bezieht all die Regelungen mit ein, die dazu beitragen, die Mitglieder einer Organisation zum Mit-Denken im Unternehmen und Mit-Arbeiten an den Unternehmenszielen zu motivieren. Dieser dritte Aufgabenbereich wird in vielen anderen Systematisierungen der Organisationsaufgaben nicht ausreichend berücksichtigt. Er gehört aus unserer Sicht zu den zentralen Aufgaben der Organisationsarbeit.

(1) Vgl. Aulinger A. (2017): Roadmap Organisation. Ein Wegweiser für Studierende und Führungskräfte, Steinbeis-Edition, Stuttgart.
(2) Vgl. Aulinger A. (2017): Roadmap Organisation. Ein Wegweiser für Studierende und Führungskräfte. 1. Aufl., Steinbeis-Edition, Stuttgart, S.68ff.
(3) Vgl. Maslow, A (1981): Motivation und Persönlichkeit, Rowohlt, Reinbek, S. 62ff.

Roadmap Organisation – eine Publikation von Prof. Andreas Aulinger

Posted by Rebekka Fusseder
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